In der Logik ist nichts zufällig: Wenn das Ding im Sachverhalt vorkommen kann, so muss die Möglichkeit des Sachverhaltes im Ding bereits präjudiziert sein.
Es erschiene gleichsam als Zufall, wenn dem Ding, das allein für sich bestehen könnte, nachträglich eine Sachlage passen würde. Wenn die Dinge in Sachverhalten vorkommen können, so muss dies schon in ihnen liegen. (Etwas Logisches kann nicht nur-möglich sein. Die Logik handelt von jeder Möglichkeit und alle Möglichkeiten sind ihre Tatsachen.) Wie wir uns räumliche Gegenstände überhaupt nicht außerhalb des Raumes, zeitliche nicht außerhalb der Zeit denken können, so können wir uns keinen Gegenstand außerhalb der Möglichkeit seiner Verbindung mit anderen denken.
Das Ding ist selbständig, insofern es in allen möglichen Sachlagen vorkommen kann, aber diese Form der Selbständigkeit ist eine Form des Zusammenhangs mit dem Sachverhalt, eine Form der Unselbständigkeit. (Es ist unmöglich, dass Worte in zwei verschiedenen Weisen auftreten, allein und im Satz.)
Wenn ich den Gegenstand kenne, so kenne ich auch sämtliche Möglichkeiten seines Vorkommens in Sachverhalten. (Jede solche Möglichkeit muss in der Natur des Gegenstandes liegen.) Es kann nicht nachträglich eine neue Möglichkeit gefunden werden.
Der räumliche Gegenstand muss im unendlichen Raume liegen. (Der Raumpunkt ist eine Argumentstelle.) Der Fleck im Gesichtsfeld muss zwar nicht rot sein, aber eine Farbe muss er haben: er hat sozusagen den Farbenraum um sich. Der Ton muss eine Höhe haben, der Gegenstand des Tastsinnes eine Härte, usw.
Jede Aussage über Komplexe lässt sich in eine Aussage über deren Bestandteile und in diejenigen Sätze zerlegen, welche die Komplexe vollständig beschreiben.
Die Substanz der Welt kann nur eine Form und keine materiellen Eigenschaften bestimmen. Denn diese werden erst durch die Sätze dargestellt – erst durch die Konfiguration der Gegenstände gebildet.
Zwei Gegenstände von der gleichen logischen Form sind – abgesehen von ihren externen Eigenschaften – von einander nur dadurch unterschieden, dass sie verschieden sind.
Entweder ein Ding hat Eigenschaften, die kein anderes hat, dann kann man es ohneweiteres durch eine Beschreibung aus den anderen herausheben, und darauf hinweisen; oder aber, es gibt mehrere Dinge, die ihre sämtlichen Eigenschaften gemeinsam haben, dann ist es überhaupt unmöglich auf eines von ihnen zu zeigen. Denn, ist das Ding durch nichts hervorgehoben, so kann ich es nicht hervorheben, denn sonst ist es eben hervorgehoben.
Das Bestehen und Nichtbestehen von Sachverhalten ist die Wirklichkeit. (Das Bestehen von Sachverhalten nennen wir auch eine positive, das Nichtbestehen eine negative Tatsache.)
Dass sich die Elemente des Bildes in bestimmter Art und Weise zu einander verhalten, stellt vor, dass sich die Sachen so zu einander verhalten. Dieser Zusammenhang der Elemente des Bildes heiße seine Struktur und ihre Möglichkeit seine Form der Abbildung.
Was das Bild mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie auf seine Art und Weise – richtig oder falsch – abbilden zu können, ist seine Form der Abbildung.
Das Bild stellt sein Objekt von außerhalb dar (sein Standpunkt ist seine Form der Darstellung), darum stellt das Bild sein Objekt richtig oder falsch dar.
Was jedes Bild, welcher Form immer, mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie überhaupt – richtig oder falsch – abbilden zu können, ist die logische Form, das ist, die Form der Wirklichkeit.
Man sagte einmal, dass Gott alles schaffen könne, nur nichts, was den logischen Gesetzen zuwider wäre. – Wir können nämlich von einer „unlogischen“ Welt nicht sagen, wie sie aussähe.
Etwas „der Logik widersprechendes“ in der Sprache darstellen, kann man ebensowenig, wie in der Geometrie eine den Gesetzen des Raumes widersprechende Figur durch ihre Koordinaten darstellen; oder die Koordinaten eines Punktes angeben, welcher nicht existiert.
Wir benützen das sinnlich wahrnehmbare Zeichen (Laut- oder Schriftzeichen etc.) des Satzes als Projektion der möglichen Sachlage. Die Projektionsmethode ist das Denken des Satz-Sinnes.
Das Zeichen, durch welches wir den Gedanken ausdrücken, nenne ich das Satzzeichen. Und der Satz ist das Satzzeichen in seiner projektiven Beziehung zur Welt.
Zum Satz gehört alles, was zur Projektion gehört; aber nicht das Projizierte. Also die Möglichkeit des Projizierten, aber nicht dieses selbst. Im Satz ist also sein Sinn noch nicht enthalten, wohl aber die Möglichkeit, ihn auszudücken. („Der Inhalt des Satzes“ heißt der Inhalt des sinnvollen Satzes.) Im Satz ist die Form seines Sinnes enthalten, aber nicht dessen Inhalt.
Das Satzzeichen besteht darin, dass sich seine Elemente, die Wörter, in ihm auf bestimmte Art und Weise zu einander verhalten. Das Satzzeichen ist eine Tatsache.
Dass das Satzzeichen eine Tatsache ist, wird durch die gewöhnliche Ausdrucksform der Schrift oder des Druckes verschleiert. Denn im gedruckten Satz z. B. sieht das Satzzeichen nicht wesentlich verschieden aus vom Wort. (So war es möglich, dass Frege den Satz einen zusammengesetzten Namen nannte.)
Sehr klar wird das Wesen des Satzzeichens, wenn wir es uns, statt aus Schriftzeichen, aus räumlichen Gegenständen (etwa Tischen, Stühlen, Büchern) zusammengesetzt denken. Die gegenseitige räumliche Lage dieser Dinge drückt dann den Sinn des Satzes aus.
Nicht: „Das komplexe Zeichen ‚aRb‘ sagt, dass a in der Beziehung R zu b steht“, sondern: Dass „a“ in einer gewissen Beziehung zu „b“ steht, sagt, dass aRb.
Die Gegenstände kann ich nur nennen. Zeichen vertreten sie. Ich kann nur von ihnen sprechen, sie aussprechen kann ich nicht. Ein Satz kann nur sagen, wie ein Ding ist, nicht was es ist.
Der Satz, welcher vom Komplex handelt, steht in interner Beziehung zum Satze, der von dessen Bestandteil handelt. Der Komplex kann nur durch seine Beschreibung gegeben sein, und diese wird stimmen oder nicht stimmen. Der Satz, in welchem von einem Komplex die Rede ist, wird, wenn dieser nicht existiert, nicht unsinnig, sondern einfach falsch sein. Dass ein Satzelement einen Komplex bezeichnet, kann man aus einer Unbestimmtheit in den Sätzen sehen, worin es vorkommt.
Jedes definierte Zeichen bezeichnet über jene Zeichen, durch welche es definiert wurde; und die Definitionen weisen den Weg. Zwei Zeichen, ein Urzeichen, und ein durch Urzeichen definiertes, können nicht auf dieselbe Art und Weise bezeichnen. Namen kann man nicht durch Definitionen auseinanderlegen. (Kein Zeichen, welches allein, selbständig eine Bedeutung hat.)
Die Bedeutung von Urzeichen können durch Erläuterungen erklärt werden. Erläuterungen sind Sätze, welche die Urzeichen enthalten. Sie können also nur verstanden werden, wenn die Bedeutungen dieser Zeichen bereits bekannt sind.
Jeden Teil des Satzes, der seinen Sinn charakterisiert, nenne ich einen Ausdruck (ein Symbol). (Der Satz selbst ist ein Ausdruck.) Ausdruck ist alles, für den Sinn des Satzes wesentliche, was Sätze miteinander gemein haben können. Der Ausdruck kennzeichnet eine Form und einen Inhalt.
Der Ausdruck setzt die Formen aller Sätze voraus, in welchem er vorkommen kann. Er ist das gemeinsame charakteristische Merkmal einer Klasse von Sätzen.
Er wird also dargestellt durch die allgemeine Form der Sätze, die er charakterisiert. Und zwar wird in dieser Form der Ausdruck konstant und alles übrige variabel sein.
Der Ausdruck wird also durch eine Variable dargestellt, deren Werte die Sätze sind, die den Ausdruck enthalten. (Im Grenzfall wird die Variable zur Konstanten, der Ausdruck zum Satz.) Ich nenne eine solche Variable „Satzvariable“.
Verwandeln wir einen Bestandteil eines Satzes in eine Variable, so gibt es eine Klasse von Sätzen, welche sämtlich Werte des so entstandenen variablen Satzes sind. Diese Klasse hängt im allgemeinen noch davon ab, was wir, nach willkürlicher Übereinkunft, mit Teilen jenes Satzes meinen. Verwandeln wir aber alle jene Zeichen, deren Bedeutung willkürlich bestimmt wurde, in Variable, so gibt es nun noch immer eine solche Klasse. Diese aber ist nun von keiner Übereinkunft abhängig, sondern nur noch von der Natur des Satzes.
Die Festsetzung der Werte der Satzvariablen ist die Angabe der Sätze, deren gemeinsames Merkmal die Variable ist. Die Festsetzung ist eine Beschreibung dieser Sätze. Die Festsetzung wird also nur von Symbolen, nicht von deren Bedeutung handeln. Und nur dies ist der Festsetzung wesentlich, dass sie nur eine Beschreibung von Symbolen ist und nicht über das Bezeichnete aussagt. Wie die Beschreibung der Sätze geschieht, ist unwesentlich.
Zwei verschiedene Symbole können also das Zeichen (Schriftzeichen oder Lautzeichen etc.) miteinander gemein haben – sie bezeichnen dann auf verschiedene Art und Weise.
Es kann nie das gemeinsame Merkmal zweier Gegenstände anzeigen, dass wir sie mit demselben Zeichen, aber durch zwei verschiedene Bezeichnungsweisen bezeichnen. Denn das Zeichen ist ja willkürlich. Man könnte also auch zwei verschiedene Zeichen wählen, und wo bliebe dann das Gemeinsame in der Bezeichnung?
In der Umgangssprache kommt es ungemein häufig vor, dass dasselbe Wort auf verschiedene Art und Weise bezeichnet – also verschiedene Symbolen angehört –, oder, dass zwei Wörter, die auf verschiedene Art und Weise bezeichnen, äußerlich in der gleichen Weise im Satz angewandt werden. So erscheint das Wort „ist“ als Kopula, als Gleichheitszeichen und als Ausdruck der Existenz; „existieren“ als intransitives Zeitwort wie „gehen“; „identisch“ als Eigenschaftswort; wir reden von Etwas, aber auch davon, dass etwas geschieht.
Um diesen Irrtümern zu entgehen, müssen wir eine Zeichensprache verwenden, welche sie ausschließt, indem sie nicht das gleiche Zeichen in verschiedenen Symbolen, und Zeichen, welche auf verschiedene Art bezeichnen, nicht äußerlich auf die gleiche Art verwendet. Eine Zeichensprache also, die der logischen Grammatik – der logischen Syntax – gehorcht. (Die Begriffsschrift Freges und Russells ist eine solche Sprache, die allerdings noch nicht alle Fehler ausschließt.)
Wird ein Zeichen nicht gebraucht, so ist es bedeutungslos. Das ist der Sinn der Devise Occams. (Wenn sich alles so verhält als hätte ein Zeichen Bedeutung, dann hat es auch Bedeutung.)
In der logischen Syntax darf nie die Bedeutung eines Zeichens eine Rolle spielen; sie muss sich aufstellen lassen, ohne dass dabei von der Bedeutung eines Zeichens die Rede wäre, sie darf nur die Beschreibung der Ausdrücke voraussetzen.
Von dieser Bemerkung sehen wir in Russells „Theory of types“ hinüber: Der Irrtum Russells zeigt sich darin, dass er bei der Aufstellung der Zeichenregeln von der Bedeutung der Zeichen reden musste.
Eine Funktion kann darum nicht ihr eigenes Argument sein, weil das Funktionszeichen bereits das Urbild seines Arguments enthält und es sich nicht selbst enthalten kann. Nehmen wir nämlich an, die Funktion F(fx) könnte ihr eigenes Argument sein; dann gäbe es also einen Satz: „F(F(fx))“ und in diesem müssen die äußere Funktion F und die innere Funtion F verschiedene Bedeutungen haben, denn die innere hat die Form φ(fx), die äußere die Form ψ(φ(fx)).
Der Satz besitzt wesentliche und zufällige Züge. Zufällig sind die Züge, die von der besonderen Art der Hervorbringung des Satzzeichens herrühren. Wesentlich diejenigen, welche allein den Satz befähigen, seinen Sinn auszudrücken.
Das Wesentliche am Satz ist also das, was allen Sätzen, welche den gleichen Sinn ausdrücken können, gemeinsam ist. Und ebenso ist allgemein das Wesentliche am Symbol das, was alle Symbole, die denselben Zweck erfüllen können, gemeinsam haben.
Man könnte also sagen: Der eigentliche Name ist das, was alle Symbole, die den Gegenstand bezeichnen, gemeinsam haben. Es würde sich so successive ergeben, dass keinerlei Zusammensetzung für den Namen wesentlich ist.
An unseren Notationen ist zwar etwas willkürlich, aber das ist nicht willkürlich: Dass, wenn wir etwas willkürlich bestimmt haben, dann etwas anderes der Fall sein muss. (Dies hängt von dem Wesen der Notation ab.)
Eine besondere Bezeichnungsweise mag unwichtig sein, aber wichtig ist es immer, dass diese eine mögliche Bezeichnungsweise ist. Und so verhält es sich in der Philosophie überhaupt: Das Einzelne erweist sich immer wieder als unwichtig, aber die Möglichkeit jedes Einzelnen gibt uns einen Aufschluss über das Wesen der Welt.
Definitionen sind Regeln der Übersetzung von einer Sprache in eine andere. Jede richtige Zeichensprache muss sich in jede andere nach solchen Regeln übersetzen lassen: Dies ist, was sie alle gemeinsam haben.
Das, was am Symbol bezeichnet, ist das Gemeinsame aller jener Symbole, durch die das erste den Regeln der logischen Syntax zufolge ersetzt werden kann.
Man kann z. B. das Gemeinsame aller Notationen für die Wahrheitsfunktionen so ausdrücken: Es ist ihnen gemeinsam, dass sich alle – z. B. – durch die Notation von „~p“ („nicht p“) und „p∨q“ („p oder q“) ersetzen lassen. (Hiermit ist die Art und Weise gekennzeichnet, wie eine spezielle mögliche Notation uns allgemeine Aufschlüsse geben kann.)
Der Satz bestimmt einen Ort im logischen Raum. Die Existenz dieses logischen Ortes ist durch die Existenz der Bestandteile allein verbürgt, durch die Existenz des sinnvollen Satzes.
Obwohl der Satz nur einen Ort des logischen Raumes bestimmen darf, so muss doch durch ihn schon der ganze logische Raum gegeben sein. (Sonst würden durch die Verneinung, die logische Summe, das logische Produkt, etc. immer neue Elemente – in Koordinaten – eingeführt.) (Das logische Gerüst um das Bild herum bestimmt den logischen Raum. Der Satz durchgreift den ganzen logischen Raum.)
Der Mensch besitzt die Fähigkeit Sprachen zu bauen, womit sich jeder Sinn ausdrücken lässt, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie und was jedes Wort bedeutet. – Wie man auch spricht, ohne zu wissen, wie die einzelnen Laute hervorgebracht werden. Die Umgangssprache ist ein Teil des menschlichen Organismus und nicht weniger kompliziert als dieser. Es ist menschenunmöglich, die Sprachlogik aus ihr unmittelbar zu entnehmen. Die Sprache verkleidet den Gedanken. Und zwar so, dass man nach der äußeren Form des Kleides, nicht auf deie Form des bekleideten Gedankens schließen kann; weil die äußere Form des Kleides nach ganz anderen Zwecken gebildet ist als danach, die Form des Körpers erkennen zu lassen.
Die meisten Sätze und Fragen, welche über philosophische Dinge geschrieben worden sind, sind nicht falsch, sondern unsinnig. Wir können daher Fragen dieser Art überhaupt nicht beantworten, sondern nur ihre Unsinnigkeit feststellen. Die meisten Fragen und Sätze der Philosophen beruhen darauf, dass wir unsere Sprachlogik nicht verstehen. (Sie sind von der Art der Frage, ob das Gute mehr oder weniger identisch sei als das Schöne.) Und es ist nicht verwunderlich, dass die tiefsten Probleme eigentlich keine Probleme sind.
Alle Philosophie ist „Sprachkritik“. (Allerdings nicht im Sinne Mauthners.) Russells Verdienst ist es, gezeigt zu haben, dass die scheinbar logische Form des Satzes nicht seine wirkliche sein muss.
Auf den ersten Blick scheint der Satz – wie er etwa auf dem Papier gedruckt steht – kein Bild der Wirklichkeit zu sein, von der er handelt. Aber auch die Notenschrift scheint auf den ersten Blick kein Bild der Musik zu sein, und unsere Lautzeichen-(Buchstaben-)Schrift kein Bild unserer Lautsprache. Und doch erweisen sich diese Zeichensprachen auch im gewöhnlichen Sinne als Bilder dessen, was sie darstellen.
Und wenn wir in das Wesentliche dieser Bildhaftigkeit eindringen, so sehen wir, dass dieselbe durch scheinbare Unregelmäßigkeiten (wie die Verwendung von ♯ und ♭ in der Notenschrift) nicht gestört wird. Denn auch diese Unregelmäßigkeiten bilden das ab, was sie ausdrücken sollen; nur auf eine andere Art und Weise.
Die Grammophonplatte, der musikalische Gedanke, die Notenschrift, die Schallwellen, stehen alle in jener abbildenden internen Beziehung zu einander, die zwischen Sprache und Welt besteht. Ihnen allen ist der logische Bau gemeinsam. (Wie im Märchen die zwei Jünglinge, ihre zwei Pferde und ihre Lilien. Sie sind alle in gewissem Sinne Eins.)
Dass es eine allgemeine Regel gibt, durch die der Musiker aus der Partitur die Symphonie entnehmen kann, durch welche man aus der Linie auf der Grammophonplatte die Symphonie und nach der ersten Regel wieder die Partitur ableiten kann, darin besteht eben die innere Ähnlichkeit dieser scheinbar so ganz verschiedenen Gebilde. Und jene Regel ist das Gesetz der Projektion, welches die Symphonie in die Notensprache projiziert. Sie ist die Regel der Übersetzung der Notensprache in die Sprache der Grammophonplatte.
Um das Wesen des Satzes zu verstehen, denken wir an die Hieroglyphenschrift, welche die Tatsachen die sie beschreibt abbildet. Und aus ihr wurde die Buchstabenschrift, ohne das Wesentliche der Abbildung zu verlieren.
Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit: Denn ich kenne die von ihm dargestellte Sachlage, wenn ich den Satz verstehe. Und den Satz verstehe ich, ohne dass mir sein Sinn erklärt wurde.
Die Wirklichkeit muss durch den Satz auf ja oder nein fixiert sein. Dazu muss sie durch ihn vollständig beschrieben werden. Der Satz ist die Beschreibung eines Sachverhaltes. Wie die Beschreibung einen Gegenstand nach seinen externen Eigenschaften, so beschreibt der Satz die Wirklichkeit nach ihren internen Eigenschaften. Der Satz konstruiert eine Welt mit Hilfe eines logischen Gerüstes und darum kann man am Satz auch sehen, wie sich alles Logische verhält, wenn er wahr ist.
Einen Satz verstehen, heißt, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist. (Man kann ihn also verstehen, ohne zu wissen, ob er wahr ist.) Man versteht ihn, wenn man seine Bestandteile versteht.
Die Übersetzung einer Sprache in eine andere geht nicht so vor sich, dass man jeden Satz der einen in einen Satz der anderen übersetzt, sondern nur die Satzbestandteile werden übersetzt. (Und das Wörterbuch übersetzt nicht nur Substantiva, sondern auch Zeit-, Eigenschafts- und Bindewörter etc.; und es behandelt sie alle gleich.)
Ein Satz muss mit alten Ausdrücken einen neuen Sinn mitteilen. Der Satz teilt uns eine Sachlage mit, also muss er wesentlich mit der Sachlage zusammenhängen. Und der Zusammenhang ist eben, dass er ihr logisches Bild ist. Der Satz sagt nur insoweit etwas aus, als er ein Bild ist.
Im Satz wird gleichsam eine Sachlage probeweise zusammengestellt. Man kann geradezu sagen: statt, dieser Satz hat diesen und diesen Sinn; dieser Satz stellt diese und diese Sachlage dar.
Ein Name steht für ein Ding, ein anderer für ein anderes Ding und untereinander sind sie verbunden, so stellt das Ganze – wie ein lebendes Bild – den Sachverhalt vor.
Die Möglichkeit des Satzes beruht auf dem Prinzip der Vertretung von Gegenständen durch Zeichen. Mein Grundgedanke ist, dass die „logischen Konstanten“ nicht vertreten. Dass sich die Logik der Tatsachen nicht vertreten lässt.
Nur insoweit ist der Satz ein Bild der Sachlage, als er logisch gegliedert ist. (Auch der Satz: „ambulo“, ist zusammengesetzt, denn sein Stamm ergibt mit einer anderen Endung, und seine Endung mit einem anderen Stamm, einen anderen Sinn.)
Am Satz muss gerade soviel zu unterscheiden sein, als an der Sachlage, die er darstellt. Die beiden müssen die gleiche logische (mathematische) Mannigfaltigkeit besitzen. (Vergleiche Hertz’s „Mechanik“, über dynamische Modelle.)
Wollten wir z. B. das, was wir durch „(x).fx“ ausdrücken, durch Vorsetzen eines Indexes von „fx“ ausdrücken – etwa so: „Alg.fx“ – es würde nicht genügen – wir wüssten nicht, was verallgemeinert wurde. Wollten wir es durch einen Index „a“ anzeigen – etwa so: „f(xa)“ – es würde auch nicht genügen – wir wüssten nicht den Bereich der Allgemeinheitsbezeichnung. Wollten wir es durch Einführung einer Marke in die Argumentstellen versuchen – etwa so: „(A, A).
Aus demselben Grunde genügt die idealistische Erklärung des Sehens der räumlichen Beziehung durch die „Raumbrille“ nicht, weil sie nicht die Mannigfaltigkeit dieser Beziehungen erklären kann.
Beachtet man nicht, dass der Satz einen von den Tatsachen unabhängigen Sinn hat, so kann man leicht glauben, dass wahr und falsch gleichberechtigte Beziehungen von Zeichen und Bezeichnetem sind. Man könnte dann z. B. sagen, dass „p“ auch die wahre Art bezeichnet, was „~p“ auf die falsche Art, etc.
Kann man sich nicht mit falschen Sätzen, wie bisher mit wahren, verständigen? Solange man nur weiß, dass sie falsch gemeint sind. Nein! Denn, wahr ist ein Satz, wenn es sich so verhält, wie wir es durch ihn sagen; und wenn wir mit „p“ ~p meinen, und es sich so verhält wie wir es meinen, so ist „p“ in der neuen Auffassung wahr und nicht falsch.
Dass aber die Zeichen „p“ und „~p“ das gleiche sagen können, ist wichtig. Denn es zeigt, dass dem Zeichen „~“ in der Wirklichkeit nichts entspricht. Dass in einem Satz die Verneinung vorkommt, ist noch kein Merkmal seines Sinnes (~~p=p). Die Sätze „p“ und „~p“ haben entgegengesetzten Sinn, aber es entspricht ihnen eine und dieselbe Wirklichkeit.
Ein Bild zur Erklärung des Wahrheitsbegriffes: Schwarzer Fleck auf weißem Papier; die Form des Fleckes kann man beschreiben, indem man für jeden Punkt der Fläche angibt, ob er weiß oder schwarz ist. Der Tatsache, dass ein Punkt schwarz ist, entspricht eine positive – der, dass ein Punkt weiß (nicht schwarz) ist, eine negative Tatsache. Bezeichne ich einen Punkt der Fläche (einen Fregeschen Wahrheitswert), so entspricht dies der Annahme, die zur Beurteilung aufgestellt wird, etc.
Jeder Satz muss schon einen Sinn haben; die Bejahung kann ihn ihm nicht geben, denn sie bejaht ja gerade den Sinn. Und dasselbe gilt von der Verneinung, etc.
Man könnte sagen: Die Verneinung bezieht sich schon auf den logischen Ort, den der verneinte Satz bestimmt. Der verneinende Satz bestimmt einen anderen logischen Ort als der verneinte. Der verneinende Satz bestimmt einen logischen Ort mit Hilfe des logischen Ortes des verneinten Satzes, indem er jenen als außerhalb diesem liegend beschreibt. Dass man den verneinten Satz wieder verneinen kann, zeigt schon, dass das, was verneint wird, schon ein Satz und nicht erst die Vorbereitung zu einem Satze ist.
Die Philosophie ist keine der Naturwissenschaften. (Das Wort „Philosophie“ muss etwas bedeuten, was über oder unter, aber nicht neben den Naturwissenschaften steht.)
Der Zweck der Philosophie ist die logische Klärung der Gedanken. Die Philosophie ist keine Lehre, sondern eine Tätigkeit. Ein philosophisches Werk besteht wesentlich aus Erläuterungen. Das Resultat der Philosophie sind nicht „philosophische Sätze“, sondern das Klarwerden von Sätzen. Die Philosophie soll die Gedanken, die sonst, gleichsam, trübe und verschwommen sind, klar machen und scharf abgrenzen.
Die Psychologie ist der Philosophie nicht verwandter als irgend eine andere Naturwissenschaft. Erkenntnistheorie ist die Philosophie der Psychologie. Entspricht nicht mein Studium der Zeichensprache dem Studium der Denkprozesse, welches die Philosophen für die Philosophie der Logik für so wesentlich hielten? Nur verwickelten sie sich meistens in unwesentliche psychologische Untersuchungen und eine analoge Gefahr gibt es auch bei meiner Methode.
Der Satz kann die gesamte Wirklichkeit darstellen, aber er kann nicht das darstellen, was er mit der Wirklichkeit gemein haben muss, um sie darstellen zu können – die logische Form. Um die logische Form darstellen zu können, müssten wir uns mit dem Satze außerhalb der Logik aufstellen können, das heißt außerhalb der Welt.
Der Satz kann die logische Form nicht darstellen, sie spiegelt sich in ihm. Was sich in der Sprache spiegelt, kann sie nicht darstellen. Was sich in der Sprache ausdrückt, können wir nicht durch sie ausdrücken. Der Satz zeigt die logische Form der Wirklichkeit. Er weist sie auf.
So zeigt ein Satz „fa“, dass in seinem Sinn der Gegenstand a vorkommt, zwei Sätze „fa“ und „ga“, dass in ihnen beiden von demselben Gegenstand die Rede ist. Wenn zwei Sätze einander widersprechen. So zeigt dies ihre Struktur; ebenso, wenn einer aus dem anderen folgt. U.s.w.
Jetzt verstehen wir auch unser Gefühl: dass wir im Besitze einer richtigen logischen Auffassung seien, wenn nur einmal alles in unserer Zeichensprache stimmt.
Wir können in gewissem Sinne von formalen Eigenschaften der Gegenstände und Sachverhalte bezw. von Eigenschaften der Struktur der Tatsachen reden, und in demselben Sinne von formalen Relationen und Relationen von Strukturen. (Statt Eigenschaft der Struktur sage ich auch „interne Eigenschaft“; statt Relation der Strukturen „interne Relation“. Ich führe diese Ausdrücke ein, um den Grund der bei den Philosophen sehr verbreiteten Verwechslung zwischen den internen Relationen und den eigentlichen (externen) Relationen zu zeigen.
Eine interne Eigenschaft einer Tatsache können wir auch einen Zug dieser Tatsache nennen. (In dem Sinn, in welchem wir etwa von Gesichtszügen sprechen.)
Eine Eigenschaft ist intern, wenn es undenkbar ist, dass ihr Gegenstand sie nicht besitzt. (Diese blaue Farbe und jene stehen in der internen Relation von heller und dunkler eo ipso. Es ist undenkbar, dass diese beiden Gegenstände nicht in dieser Relation stünden.) (Hier entspricht dem schwankenden Gebrauch der Worte „Eigenschaft“ und „Relation“ der schwankende Gebrauch des Wortes „Gegenstand“.)
Das Bestehen einer internen Eigenschaft einer möglichen Sachlage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern es drückt sich in dem sie darstellenden Satz durch eine interne Eigenschaft dieses Satzes aus. Es wäre ebenso unsinnig, dem Satze eine formale Eigenschaft zuzusprechen, als sie ihm abzusprechen.
Formen kann man nicht dadurch voneinander unterscheiden, dass man sagt, die eine habe diese, die andere aber jene Eigenschaft; denn dies setzt voraus, dass es einen Sinn habe, beide Eigenschaften von beiden Formen auszusagen.
Das Bestehen einer internen Relation zwischen möglichen Sachlagen drückt sich sprachlich durch eine interne Relation zwischen den sie darstellenden Sätzen aus.
Reihen, welche durch interne Relationen geordnet sind, nenne ich Formenreihen. Die Zahlenreihe ist nicht nach einer externen, sondern nach einer internen Relation geordnet. Ebenso die Reihe der Sätze „aRb“, „(∃x):aRx.xRb“, „(∃x,y):aRx.xRy.yRb“, u. s. f. (Steht b in einer dieser Beziehungen zu a, so nenne ich b einen Nachfolder von a.)
In dem Sinne, in welchem wir von formalen Eigenschaften sprechen, können wir nun auch von formalen Begriffen reden. (Ich führe diesen Ausdruck ein, um den Grund der Verwechslung der formalen Begriffe mit den eigentlichen Begriffen, welche die ganze alte Logik durchzieht, klar zu machen.) Dass etwas unter einen formalen Begriff als dessen Gegenstand fällt, kann nicht durch einen Satz ausgedrückt werden. Sondern es zeigt sich an dem Zeichen dieses Gegenstandes selbst.
Jede Variable ist das Zeichen eines formalen Begriffes. Denn jede Variable stellt eine konstante Form dar, welche alle ihre Werte besitzen, und die als formale Eigenschaft dieser Werte aufgefasst werden kann.
So ist der variable Name „x“ das eigentliche Zeichen des Scheinbegriffes Gegenstand. Wo immer das Wort „Gegenstand“ („Ding“, „Sache“, etc.) richtig gebraucht wird, wird es in der Begriffsschrift durch den variablen Namen ausgedrückt. Zum Beispiel in dem Satz „es gibt 2 Gegenstände, welche …“ durch „(∃x,y)…“. Wo immer es anders, also als eigentliches Begriffswort gebraucht wird, entstehen unsinnige Scheinsätze. So kann man z. B. nicht sagen „Es gibt Gegenstände“, wie man etwa sagt: „Es gibt Bücher“.
Der formale Begriff ist mit einem Gegenstand, der unter ihn fällt, bereits gegeben. Man kann also nicht Gegenstände eines formalen Begriffes und den formalen Begriff selbst als Grundbegriffe einführen. Man kann also z. B. nicht den Begriff der Funktion, und auch spezielle Funktionen (wie Russell) als Grundbegriffe einführen; oder den Begriff der Zahl und bestimmte Zahlen.
Wollen wir den allgemeinen Satz: „b ist ein Nachfolger von a“ in der Begriffsschrift ausdrücken, so brauchen wir hierzu einen Ausdruck für das allgemeine Glied der Formenreihe:
Die Frage nach der Existenz eines formalen Begriffes ist unsinnig. Denn kein Satz kann eine solche Frage beantworten. (Man kann also z. B. nicht fragen: „Gibt es unanalysierbare Subjekt-Prädikatsätze?“)
Die logischen Formen sind zahllos. Darum gibt es in der Logik keine ausgezeichneten Zahlen und darum gibt es keinen philosophischen Monismus oder Dualismus, etc.
Es ist offenbar, dass wir bei der Analyse der Sätze auf Elementarsätze kommen müssen, die aus Namen in unmittelbarer Verbindung bestehen. Es frägt sich hier, wie kommt der Satzverband zustande.
Auch wenn die Welt unendlich komplex ist, so dass jede Tatsache aus unendlich vielen Sachverhalten besteht und jeder Sachverhalt aus unendlich vielen Gegenständen zusammengesetzt ist, auch dann müsste es Gegenstände und Sachverhalte geben.
Die Namen sind die einfachen Symbole, ich deute sie durch einzelne Buchstaben („x“, „y“, „z“) an. Den Elementarsatz schreibe ich als Funktion der Namen in der Form: „fx“, „φ(x,y)“, etc. Oder ich deute ihn durch die Buchstaben p, q, r an.
Gebrauche ich zwei Zeichen in ein und derselben Bedeutung, so drücke ich dies aus, indem ich zwischen beide das Zeichen „=“ setze. „a=b“ heißt also: das Zeichen „a“ ist durch das Zeichen „b“ ersetzbar. (Führe ich durch eine Gleichung ein neues Zeichen „b“ ein, indem ich bestimme, es solle ein bereits bekanntes Zeichen „a“ ersetzen, so schreibe ich die Gleichung – Definition – (wie Russell) in der Form „a=b Def.“. Die Definition ist eine Zeichenregel.
Können wir zwei Namen verstehen, ohne zu wissen, ob sie dasselbe Ding oder zwei verschiedene Dinge bezeichnen? – Können wir einen Satz, worin zwei Namen vorkommen, verstehen, ohne zu wissen, ob sie Dasselbe oder Verschiedenes bedeuten? Kenne ich etwa die Bedeutung eines englischen und eines gleichbedeutenden deutschen Wortes, so ist es unmöglich, dass ich nicht weiß, dass die beiden gleichbedeutend sind; es ist unmöglich, dass ich sie nicht ineinander übersetzen kann.
Die Angabe aller wahren Elementarsätze beschreibt die Welt vollständig. Die Welt ist vollständig beschrieben durch die Angaben aller Elementarsätze plus der Angabe, welche von ihnen wahr und welche falsch sind.
Bezüglich des Bestehens und Nichtbestehens von n Sachverhalten gibt es Kn = n(nν)∑ν = 0 Möglichkeiten. Es können alle Kombinationen der Sachverhalte bestehen, die andern nicht bestehen.
Die Wahrheitsmöglichkeiten können wir durch Schemata folgender Art darstellen („W“ bedeutet „wahr“, „F“, „falsch“. Die Reihen der „W“ und „F“ unter der Reihe der Elementarsätze bedeuten in leichtverständlicher Symbolik deren Wahrheitsmöglichkeiten):
Es ist von vornherein wahrscheinlich, dass die Einführung der Elementarsätze für das Verständnis aller anderen Satzarten grundlegend ist. Ja, das Verständnis der allgemeinen Sätze hängt fühlbar von dem der Elementarsätze ab.
Bezüglich der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung eines Satzes mit den Wahrheitsmöglichkeiten von n Elementarsätzen gibt es Kn(Knκ) = Ln∑κ = 0 Möglichkeiten.
Die Übereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten können wir dadurch ausdrücken, indem wir ihnen im Schema etwa das Abzeichen „W“ (wahr) zuordnen. Das Fehlen dieses Abzeichens bedeutet die Nichtübereinstimmung.
Der Ausdruck der Übereinstimmung und Nichtübereinstimmung mit den Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze drückt die Wahrheitsbedingungen des Satzes aus. Der Satz ist der Ausdruck seiner Wahrheitsbedingungen. (Frege hat sie daher ganz richtig als Erklärung der Zeichen seiner Begriffsschrift vorausgeschickt. Nur ist die Erklärung des Wahrheitsbegriffes bei Frege falsch: Wären „das Wahre“ und „das Falsche“ wirklich Gegenstände und die Argumente in ~p etc. dann wäre nach Freges Bestimmung der Sinn von „~p“ keineswegs bestimmt.
Es ist klar, dass dem Komplex der Zeichen „F“ und „W“ kein Gegenstand (oder Komplex von Gegenständen) entspricht; so wenig, wie den horizontalen und vertikalen Strichen oder den Klammern. – „Logische Gegenstände“ gibt es nicht. Analoges gilt natürlich für alle Zeichen, die dasselbe ausdrücken wie die Schemata der „W“ und „F“.
Es ist z. B.:
(Frege’s „Urteilsstrich“ „⊢“ ist logisch ganz bedeutunglos; er zeigt bei Frege (und Russell) nur an, dass diese Autoren die so bezeichneten Sätze für wahr halten. „⊢“ gehört daher ebenso wenig zum Satzgefüge, wie etwa die Nummer des Satzes. Ein Satz kann unmöglich von sich selbst aussagen, dass er wahr ist.) Ist die Reihenfolge der Wahrheitsmöglichkeiten im Schema durch eine Kombinationsregel ein für allemal festgesetzt, dann ist die letzte Kolonne allein schon ein Ausdruck der Wahrheitsbedingungen.
Für n Elementarsätze gibt es Ln mögliche Gruppen von Wahrheitsbedingungen. Die Gruppen von Wahrheitsbedingungen, welche zu den Wahrheitsmöglichkeiten einer Anzahl von Elementarsätzen gehören, lassen sich in eine Reihe ordnen.
Unter den möglichen Gruppen von Wahrheitsbedingungen gibt es zwei extreme Fälle. In dem einen Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze wahr. Wir sagen, die Wahrheitsbedingungen sind tautologisch. Im zweiten Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten falsch: Die Wahrheitsbedingungen sind kontradiktorisch. Im ersten Fall nennen wir den Satz eine Tautologie, im zweiten Fall eine Kontradiktion.
Der Satz zeigt was er sagt, die Tautologie und die Kontradiktion, dass sie nichts sagen. Die Tautologie hat keine Wahrheitsbedingungen, denn sie ist bedingungslos wahr; und die Kontradiktion ist unter keiner Bedingung wahr. Tautologie und Kontradiktion sind sinnlos. (Wie der Punkt, von dem zwei Pfeile in entgegengesetzter Richtung auseinandergehen.) (Ich weiß z. B. nichts über das Wetter, wenn ich weiß, dass es regnet oder nicht regnet.)
Tautologie und Kontradiktion sind nicht Bilder der Wirklichkeit. Sie stellen keine mögliche Sachlage dar. Denn jene lässt jede mögliche Sachlage zu, diese keine. In der Tautologie heben die Bedingungen der Übereinstimmung mit der Welt – die darstellenden Beziehungen – einander auf, so dass sie in keiner darstellenden Beziehung zur Wirklichkeit steht.
Die Wahrheitsbedingungen bestimmen den Spielraum, der den Tatsachen durch den Satz gelassen wird. (Der Satz, das Bild, das Modell, sind im negativen Sinne wie ein fester Körper, der die Bewegungsfreiheit der anderen beschränkt; im positiven Sinne, wie der von fester Substanz begrenzte Raum, worin ein Körper Platz hat.) Die Tautologie lässt der Wirklichkeit den ganzen – unendlichen – logischen Raum; die Kontradiktion erfüllt den ganzen logischen Raum und lässt der Wirklichkeit keinen Punkt.
Die Wahrheit der Tautologie ist gewiss, des Satzes möglich, der Kontradiktion unmöglich. (Gewiss, möglich, unmöglich: Hier haben wir das Anzeichen jener Gradation, die wir in der Wahrscheinlichkeitslehre brauchen.)
Das logische Produkt einer Tautologie und eines Satzes sagt dasselbe, wie der Satz. Also ist jenes Produkt identisch mit dem Satz. Denn man kann das Wesentliche des Symbols nicht ändern, ohne seinen Sinn zu ändern.
Einer bestimmten logischen Verbindung von Zeichen entspricht eine bestimmte logische Verbindung ihrer Bedeutungen; jede beliebige Verbindung entspricht nur den unverbundenen Zeichen. Das heißt, Sätze, die für jede Sachlage wahr sind, können überhaupt keine Zeichenverbindungen sein, denn sonst könnten ihnen nur bestimmte Verbindungen von Gegenständen entsprechen. (Und keiner logischen Verbindung entspricht keine Verbindung der Gegenstände.) Tautologie und Kontradiktion sind die Grenzfälle der Zeichenverbindung, nämlich ihre Auflösung.
Freilich sind auch in der Tautologie und Kontradiktion die Zeichen noch mit einander verbunden, d. h. sie stehen in Beziehungen zu einander, aber diese Beziehungen sind bedeutungslos, dem Symbol unwesentlich.
Nun scheint es möglich zu sein, die allgemeinste Satzform anzugeben: das heißt, eine Beschreibung der Sätze irgend einer Zeichensprache zu geben, so dass jeder mögliche Sinn durch ein Symbol, auf welches die Beschreibung passt, ausgedrückt werden kann, und dass jedes Symbol, worauf die Beschreibung passt, einen Sinn ausdrücken kann, wenn die Bedeutungen der Namen entsprechend gewählt werden. Es ist klar, dass bei der Beschreibung der allgemeinsten Satzform nur ihr Wesentliches beschrieben werden darf, – sonst wäre sie nämlich nicht die allgemeinste.
Angenommen, mir wären alle Elementarsätze gegeben: Dann lässt sich einfach fragen: Welche Sätze kann ich aus ihnen bilden? Und das sind alle Sätze und so sind sie begrenzt.
Die Sätze sind alles, was aus der Gesamtheit aller Elementarsätze folgt (natürlich auch daraus, dass es die Gesamtheit aller ist). (So könnte man in gewissem Sinne sagen, dass alle Sätze Verallgemeinerungen der Elementarsätze sind.)
Es liegt nahe, die Argumente von Funktionen mit den Indices von Namen zu verwechseln. Ich erkenne nämlich sowohl am Argument wie am Index die Bedeutung des sie enthaltenden Zeichens. In Russells „+c“ ist z. B. „c“ ein Index, der darauf hinweist, dass das ganze Zeichen das Additionszeichen für Kardinalzahlen ist. Aber diese Bezeichnung beruht auf willkürlicher Übereinkunft und man könnte statt „+c“ auch ein einfaches Zeichen wählen; in „~p“ aber ist „p“ kein Index, sondern ein Argument: der Sinn von „~p“ kann nicht verstanden werden, ohne dass vorher der Sinn von „p“ verstanden worden wäre.
Die Wahrheitsfunktionen jeder Anzahl von Elementarsätzen lassen sich in einem Schema folgender Art hinschreiben:
Diejenigen Wahrheitsmöglichkeiten seiner Wahrheitsargumente, welche den Satz bewahrheiten, will ich seine Wahrheitsgründe nennen.
Sind die Wahrheitsgründe, die einer Anzahl von Sätzen gemeinsam sind, sämtlich auch Wahrheitsgründe eines bestimmten Satzes, so sagen wir, die Wahrheit dieses Satzes folge aus der Wahrheit jener Sätze.
Insbesondere folgt die Wahrheit eines Satzes „p“ aus der Wahrheit eines anderen „q“, wenn alle Wahrheitsgründe des zweiten Wahrheitsgründe des ersten sind.
Wenn ein Gott eine Welt erschafft, worin gewisse Sätze wahr sind, so schafft er damit auch schon eine Welt, in welcher alle ihre Folgesätze stimmen. Und ähnlich könnte er keine Welt schaffen, worin der Satz „p“ wahr ist, ohne seine sämtlichen Gegenstände zu schaffen.
„p.q“ ist einer der Sätze, welche „p“ bejahen, und zugleich einer der Sätze, welche „q“ bejahen. Zwei Sätze sind einander entgegengesetzt, wenn es keinen sinnvollen Satz gibt, der sie beide bejaht. Jeder Satz der einem anderen widerspricht, verneint ihn.
Folgt die Wahrheit eines Satzes aus der Wahrheit anderer, so drückt sich dies durch Beziehungen aus, in welchen die Formen jener Sätze zu einander stehen; und zwar brauchen wir sie nicht erst in jene Beziehungen zu setzen, indem wir sie in einem Satz miteinander verbinden, sondern diese Beziehungen sind intern und bestehen, sobald, und dadurch dass, jene Sätze bestehen.
Wenn wir von p∨q und ~p auf q schließen, so ist hier durch die Bezeichnungsweise die Beziehung der Satzformen von „p∨q“ und „~p“ verhüllt. Schreiben wir aber z. B. statt „p∨q“ „p|q.|.p|q“ und statt „~p“ „p|p“ (p|q = weder p, noch q), so wird der innere Zusammenhang offenbar. (Dass man aus (x).fx auf fa schließen kann, das zeigt, dass die Allgemeinheit auch im Symbol „(x).fx“ vorhanden ist.)
Folgt p aus q, so kann ich von q auf p schließen; p aus q folgern. Die Art des Schlusses ist allein aus den beiden Sätzen zu entnehmen. Nur sie selbst können den Schluss rechtfertigen. „Schlussgesetze“, welche – wie bei Frege und Russell – die Schlüsse rechtfertigen sollen, sind sinnlos, und wären überflüssig.
Die Willensfreiheit besteht darin, dass zukünftige Handlungen jetzt nicht gewusst werden können. Nur dann könnten wir sie wissen, wenn die Kausalität eine innere Notwendigkeit wäre, wie die des logischen Schlusses. – Der Zusammenhang von Wissen und Gewusstem ist der der logischen Notwendigkeit. („A weiß, dass p der Fall ist“ ist sinnlos, wenn p eine Tautologie ist.)
Wenn daraus, dass ein Satz uns einleuchtet, nicht folgt, dass er wahr ist, so ist das Einleuchten auch keine Rechtfertigung für unseren Glauben an seine Wahrheit.
Die Kontradiktion ist das Gemeinsame der Sätze, was kein Satz mit einem anderen gemein hat. Die Tautologie ist das Gemeinsame aller Sätze, welche nichts miteinander gemein haben. Die Kontradiktion verschwindet sozusagen außerhalb, die Tautologie innerhalb aller Sätze. Die Kontradiktion ist die äußere Grenze der Sätze, die Tautologie ihr substanzloser Mittelpunkt.
Ist Wr die Anzahl der Wahrheitsgründe des Satzes „r“, Wrs die Anzahl derjenigen Wahrheitsgründe des Satzes „s“, die zugleich Wahrheitsgründe von „r“ sind, dann nennen wir das Verhältnis: Wrs : Wr das Maß der Wahrscheinlichkeit, welche der Satz „r“ dem Satz „s“ gibt.
Sei in einem Schema wie dem obigen in No. 5.101 Wr die Anzahl der „W“ im Satze r; Wrs die Anzahl derjenigen „W“ im Satze s, die in gleichen Kolonnen mit „W“ des Satzes r stehen. Der Satz r gibt dann dem Satze s die Wahrscheinlichkeit: Wrs : Wr.
Sätze, welche keine Wahrheitsargumente mit einander gemein haben, nennen wir von einander unabhängig. Zwei Elementarsätze geben einander die Wahrscheinlichkeit ½. Folgt p aus q, so gibt der Satz „q“ dem Satz „p“ die Wahrscheinlichkeit 1. Die Gewissheit des logischen Schlusses ist ein Grenzfall der Wahrscheinlichkeit. (Anwendung auf Tautologie und Kontradiktion.)
In einer Urne seien gleichviel weiße und schwarze Kugeln (und keine anderen). Ich ziehe eine Kugel nach der anderen und lege sie wieder in die Urne zurück. Dann kann ich durch den Versuch feststellen, dass sich die Zahlen der gezogenen schwarzen und weißen Kugeln bei fortgesetztem Ziehen einander nähern. Das ist also kein mathematisches Faktum. Wenn ich nun sage: Es ist gleich wahrscheinlich, dass ich eine weiße Kugel wie eine schwarze ziehen werde, so heißt das: Alle mir bekannten Umstände (die hypothetisch angenommenen Naturgesetze mitinbegriffen) geben dem Eintreffen des einen Ereignisses nicht mehr Wahrscheinlichkeit als dem Eintreffen des anderen.
Die Einheit des Wahrscheinlichkeitssatzes ist: Die Umstände – die ich sonst nicht weiter kenne – geben dem Eintreffen eines bestimmten Ereignisses den und den Grad der Wahrscheinlichkeit.
So ist die Wahrscheinlichkeit eine Verallgemeinerung. Sie involviert eine allgemeine Beschreibung einer Satzform. Nur in Ermanglung der Gewissheit gebrauchen wir die Wahrscheinlichkeit. – Wenn wir zwar eine Tatsache nicht vollkommen kennen, wohl aber etwas über ihre Form wissen. (Ein Satz kann zwar ein unvollständiges Bild einer gewissen Sachlage sein, aber er ist immer ein vollständiges Bild.) Der Wahrscheinlichkeitssatz ist gleichsam ein Auszug aus anderen Sätzen.
Wir können diese internen Beziehungen dadurch in unserer Ausdrucksweise hervorheben, dass wir einen Satz als Resultat einer Operation darstellen, die ihn aus anderen Sätzen (den Basen der Operation) hervorbringt.
Die Operation kann erst dort auftreten, wo ein Satz auf logisch bedeutungsvolle Weise aus einem anderen entsteht. Also dort, wo die logische Konstruktion des Satzes anfängt.
Die Wahrheitsfunktionen der Elementarsätze sind Resultate von Operationen, die die Elementarsätze als Basen haben. (Ich nenne diese Operationen Wahrheitsoperationen.)
Der Sinn einer Wahrheitsfunktion von p ist eine Funktion des Sinnes von p. Verneinung, logische Addition, logische Multiplikation, etc., etc. sind Operationen. (Die Verneinung verkehrt den Sinn des Satzes.)
Die Operation zeigt sich in einer Variablen; sie zeigt, wie man von einer Form von Sätzen zu einer anderen gelangen kann. Sie bringt den Unterschied der Formen zum Ausdruck. (Und das Gemeinsame zwischen den Basen und dem Resultat der Operation sind eben die Basen.)
Dieselbe Operation, die „q“ aus „p“ macht, macht aus „q“ „r“ u. s. f. Dies kann nur darin ausgedrückt sein, dass „p“, „q“, „r“, etc. Variable sind, die gewisse formale Relationen allgemein zum Ausdruck bringen.
Das Vorkommen der Operation charakterisiert den Sinn des Satzes nicht. Die Operation sagt ja nichts aus, nur ihr Resultat, und dies hängt von den Basen der Operation ab. (Operation und Funktion dürfen nicht miteinander verwechselt werden.)
Nur so ist das Fortschreiten von Glied zu Glied in einer Formenreihe (von Type zu Type in den Hierarchien Russells und Whiteheads) möglich. (Russell und Whitehead haben die Möglichkeit dieses Fortschreitens nicht zugegeben, aber immer wieder von ihr Gebrauch gemacht.)
Die fortgesetzte Anwendung einer Operation auf ihr eigenes Resultat nenne ich ihre successive Anwendung („O’O’O’a“ ist das Resultat der dreimaligen successiven Anwendung von „O’ξ“ auf „a“). In einem ähnlichen Sinne rede ich von der successiven Anwendung mehrerer Operationen auf eine Anzahl von Sätzen.
Das allgemeine Glied einer Formenreihe a, O’a, O’O’a,… schreibe ich daher so: „[a, x, O’x]“. Dieser Klammerausdruck ist eine Variable. Das erste Glied des Klammerausdruckes ist der Anfang der Formenreihe, das zweite die Form eines beliebigen Gliedes x der Reihe und das dritte die Form desjenigen Gliedes der Reihe, welches auf x unmittelbar folgt.
Alle Sätze sind Resultate von Wahrheitsoperationen mit den Elementarsätzen. Die Wahrheitsoperation ist die Art und Weise, wie aus den Elementarsätzen die Wahrheitsfunktion entsteht. Nach dem Wesen der Wahrheitsoperation wird auf die gleiche Weise, wie aus den Elementarsätzen ihre Wahrheitsfunktion, aus Wahrheitsfunktionen eine neue. Jede Wahrheitsoperation erzeugt aus Wahrheitsfunktionen von Elementarsätzen wieder eine Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen, einen Satz. Das Resultat jeder Wahrheitsoperation mit den Resultaten von Wahrheitsoperationen mit Elementarsätzen ist wieder das Resultat Einer Wahrheitsoperation mit Elementarsätzen.
Die Schemata No. 4.31 haben auch dann eine Bedeutung, wenn „p“, „q“, „r“, etc. nicht Elementarsätze sind. Und es ist leicht zu sehen, dass das Satzzeichen in No. 4.442, auch wenn „p“ und „q“ Wahrheitsfunktionen von Elementarsätzen sind, Eine Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen ausdrückt.
Denn: Alle Resultate von Wahrheitsoperationen mit Wahrheitsfunktionen sind identisch, welche eine und dieselbe Wahrheitsfunktion von Elementarsätzen sind.
Dass ∨, ⊃, etc. nicht Beziehungen im Sinne von rechts und links etc. sind, leuchtet ein. Die Möglichkeit des kreuzweisen Definierens der logischen „Urzeichen“ Freges und Russells zeigt schon, dass diese keine Urzeichen sind, und schon erst recht, dass sie keine Relationen bezeichnen. Und es ist offenbar, dass das „⊃“, welches wir durch „~“ und „∨“ definieren, identisch ist mit dem, durch welches wir „∨“ mit „~“ definieren, und dass dieses „∨“ mit dem ersten identisch ist.
Dass aus einer Tatsache p unendlich viele andere folgen sollten, nämlich ~~p, ~~~~p, etc., ist doch von vornherein kaum zu glauben. Und nicht weniger merkwürdig ist, dass die unendliche Anzahl der Sätze der Logik (der Mathematik) aus einem halben Dutzend „Grundgesetzen“ folgen. Alle Sätze der Logik sagen aber dasselbe. Nämlich nichts.
Die Wahrheitsfunktionen sind keine materiellen Funktionen. Wenn man z. B. eine Bejahung durch doppelte Verneinung erzeugen kann, ist dann die Verneinung – in irgend einem Sinn – in der Bejahung enthalten? Verneint „~~p“ ~p, oder bejaht es p; oder beides? Der Satz „~~p“ handelt nicht von der Verneinung wie von einem Gegenstand; wohl aber ist die Möglichkeit der Verneinung in der Bejahung bereits präjudiziert. Und gäbe es einen Gegenstand, der „~“ hieße, so müsste „~~p“ etwas anderes sagen als „p“.
Dieses Verschwinden der scheinbaren logischen Konstanten tritt auch ein, wenn „~(∃x).~fx“ dasselbe sagt wie „(x).fx“, oder „(∃x).fx.x=a“ dasselbe wie „fa“.
Gibt es logische Urzeichen, so muss eine richtige Logik ihre Stellung zueinander klar machen und ihr Dasein rechtfertigen. Der Bau der Logik aus ihren Urzeichen muss klar werden.
Hat die Logik Grundbegriffe, so müssen sie von einander unabhängig sein. Ist ein Grundbegriff eingeführt, so muss er in allen Verbindungen eingeführt sein, worin er überhaupt vorkommt. Man kann ihn also nicht zuerst für eine Verbindung, dann noch einmal für eine andere einführen. Z. B.: Ist die Verneinung eingeführt, so müssen wir sie jetzt in Sätzen von der Form „~p“ ebenso verstehen, wie in Sätzen wie „~(p∨q)“, „(∃x).~fx“ u. a. Wir dürfen sie nicht erst für die eine Klasse von Fällen, dann für die andere einführen, denn es bliebe dann zweifelhaft, ob ihre Bedeutung in beiden Fällen die gleiche wäre und es wäre kein Grund vorhanden, in beiden Fällen dieselbe Art der Zeichenverbindung zu benützen.
Die Einführung eines neuen Behelfes in den Symbolismus der Logik muss immer ein folgenschweres Ereignis sein. Kein neuer Behelf darf in die Logik – sozusagen, mit ganz unschuldiger Miene – in Klammern oder unter dem Striche eingeführt werden. (So kommen in den „Principia Mathematica“ von Russell und Whitehead Definitionen und Grundgesetze in Worten vor. Warum hier plötzlich Worte? Dies bedürfte einer Rechtfertigung. Sie fehlt und muss fehlen, da das Vorgehen tatsächlich unerlaubt ist.
Alle Zahlen der Logik müssen sich rechtfertigen lassen. Oder vielmehr: Es muss sich herausstellen, dass es in der Logik keine Zahlen gibt. Es gibt keine ausgezeichneten Zahlen.
Die Lösungen der logischen Probleme müssen einfach sein, denn sie setzen den Standard der Einfachheit. Die Menschen haben immer geahnt, dass es ein Gebiet von Fragen geben müsse, deren Antworten – a priori – symmetrisch, und zu einem abgeschlossenen, regelmäßigen Gebilde vereint liegen. Ein Gebiet, in dem der Satz gilt: simplex sigillum veri.
Wenn man die logischen Zeichen richtig einführte, so hätte man damit auch schon den Sinn aller ihrer Kombinationen eingeführt; also nicht nur „p∨q“ sondern auch schon „~(p∨~q)“ etc. etc. Man hätte damit auch schon die Wirkung aller nur möglichen Kombinationen von Klammern eingeführt. Und damit wäre es klar geworden, dass die eigentlichen allgemeinen Urzeichen nicht die „p∨q “, „(∃x).fx“, etc. sind, sondern die allgemeinste Form ihrer Kombinationen.
Bedeutungsvoll ist die scheinbar unwichtige Tatsache, dass die logischen Scheinbeziehungen, wie ∨ und ⊃, der Klammern bedürfen – im Gegensatz zu den wirklichen Beziehungen. Die Benützung der Klammern mit jenen scheinbaren Urzeichen deutet ja schon darauf hin, dass diese nicht die wirklichen Urzeichen sind. Und es wird doch wohl niemand glauben, dass die Klammern eine selbständige Bedeutung haben.
Es ist klar, dass alles, was sich überhaupt von vornherein über die Form aller Sätze sagen lässt, sich auf einmal sagen lassen muss. Sind ja schon im Elementarsatze alle logischen Operationen enthalten. Denn „fa“ sagt dasselbe wie
Die Logik muss für sich selber sorgen. Ein mögliches Zeichen muss auch bezeichnen können. Alles was in der Logik möglich ist, ist auch erlaubt. („Sokrates ist identisch“ heißt darum nichts, weil es keine Eigenschaft gibt, die „identisch“ heißt. Der Satz ist unsinnig, weil wir eine willkürliche Bestimmung nicht getroffen haben, aber nicht darum, weil das Symbol an und für sich unerlaubt wäre.) Wir können uns, in gewissem Sinne, nicht in der Logik irren.
Das Einleuchten, von dem Russell so viel sprach, kann nur dadurch in der Logik entbehrlich werden, dass die Sprache selbst jeden logischen Fehler verhindert. – Dass die Logik a priori ist, besteht darin, dass nicht unlogisch gedacht werden kann.
Occams Devise ist natürlich keine willkürliche, oder durch ihren praktischen Erfolg gerechtfertigte Regel: Sie besagt, dass unnötige Zeicheneinheiten nichts bedeuten. Zeichen, die Einen Zweck erfüllen, sind logisch äquivalent, Zeichen, die keinen Zweck erfüllen, logisch bedeutungslos.
Frege sagt: Jeder rechtmäßig gebildete Satz muss einen Sinn haben; und ich sage: Jeder mögliche Satz ist rechtmäßig gebildet, und wenn er keinen Sinn hat, so kann das nur daran liegen, dass wir einigen seiner Bestandteile keine Bedeutung gegeben haben. (Wenn wir auch glauben, es getan zu haben.) So sagt „Sokrates ist identisch“ darum nichts, weil wir dem Wort „identisch“ als Eigenschaftswort keine Bedeutung gegeben haben. Denn, wenn es als Gleichheitszeichen auftritt, so symbolisiert es auf ganz andere Art und Weise – die bezeichnende Beziehung ist eine andere, – also ist auch das Symbol in beiden Fällen ganz verschieden; die beiden Symbole haben nur das Zeichen zufällig miteinander gemein.
Es kommt nur darauf an, ein Zeichensystem von einer bestimmten Anzahl von Dimensionen – von einer bestimmten mathematischen Mannigfaltigkeit – zu bilden.
Jede Wahrheitsfunktion ist ein Resultat der successiven Anwendung der Operation (−−−−−W) (ξ, . . . . .) auf Elementarsätze. Diese Operation verneint sämtliche Sätze in der rechten Klammer, und ich nenne sie die Negation dieser Sätze.
Einen Klammerausdruck, dessen Glieder Sätze sind, deute ich – wenn die Reihenfolge der Glieder in der Klammer gleichgültig ist – durch ein Zeichen von der Form „(ξ)“ an. „ξ“ ist eine Variable, deren Werte die Glieder des Klammerausdruckes sind; und der Strich über der Variablen deutet an, dass sie ihre sämtlichen Werte in der Klammer vertritt. (Hat also ξ etwa die 3 Werte P, Q, R, so ist (ξ)=(P, Q, R).
Da sich offenbar leicht ausdrücken lässt, wie mit dieser Operation Sätze gebildet werden können und wie Sätze mit ihr nicht zu bilden sind, so muss dies auch einen exakten Ausdruck finden können.
Wie kann die allumfassende, weltspiegelnde Logik so spezielle Haken und Manipulationen gebrauchen? Nur, indem sich alle diese zu einem unendlich feinen Netzwerk, zu dem großen Spiegel, verknüpfen.
„~p“ ist wahr, wenn „p“ falsch ist. Also in dem wahren Satz „~p“ ist „p“ ein falscher Satz. Wie kann ihn nun der Strich „~“ mit der Wirklichkeit zum Stimmen bringen? Das, was in „~p“ verneint, ist aber nicht das „~“, sondern dasjenige, was allen Zeichen dieser Notation, welche p verneinen, gemeinsam ist. Also die gemeinsame Regel, nach welcher „~p“, „~~~p“, „~p∨~p“, „~p.~p“, etc. etc. (ad inf.) gebildet werden. Und dies Gemeinsame spiegelt die Verneinung wieder.
Man könnte sagen: Das Gemeinsame aller Symbole, die sowohl p als q bejahen, ist der Satz „p.q“. Das Gemeinsame aller Symbole, die entweder p oder q bejahen, ist der Satz „p∨q“. Und so kann man sagen: Zwei Sätze sind einander entgegengesetzt, wenn sie nichts miteinander gemein haben, und: Jeder Satz hat nur ein Negativ, weil es nur einen Satz gibt, der ganz außerhalb seiner liegt. Es zeigt sich so auch in Russells Notation, dass „q:p∨~p“ dasselbe sagt wie „q“; dass „p∨~p“ nichts sagt.
Ist eine Notation festgelegt, so gibt es in ihr eine Regel, nach der alle p verneinenden Sätze gebildet werden, eine Regel, nach der alle p bejahenden Sätze gebildet werden, eine Regel, nach der alle p oder q bejahenden Sätze gebildet werden, u. s. f. Diese Regeln sind den Symbolen äquivalent und in ihnen spiegelt sich ihr Sinn wieder.
Es muss sich an unseren Symbolen zeigen, dass das, was durch „∨“, „.“, etc. miteinander verbunden ist, Sätze sein müssen. Und dies ist auch der Fall, denn das Symbol „p“ und „q“ setzt ja selbst das „∨“, „~“, etc. voraus. Wenn das Zeichen „p“ in „p∨q“ nicht für ein komplexes Zeichen steht, dann kann es allein nicht Sinn haben; dann können aber auch die mit „p“ gleichsinnigen Zeichen „p∨p“, „p.p“, etc.
Muss das Zeichen des negativen Satzes mit dem Zeichen des positiven gebildet werden? Warum sollte man den negativen Satz nicht durch eine negative Tatsache ausdrücken können. (Etwa: Wenn „a“ nicht in einer bestimmten Beziehung zu „b“ steht, könnte das ausdrücken, dass aRb nicht der Fall ist.) Aber auch hier ist ja der negative Satz indirekt durch den positiven gebildet. Der positive Satz muss die Existenz des negativen Satzes voraussetzen und umgekehrt.
Ich trenne den Begriff Alle von der Wahrheitsfunktion. Frege und Russell haben die Allgemeinheit in Verbindung mit dem logischen Produkt oder der logischen Summe eingeführt. So wurde es schwer, die Sätze „(∃x).fx“ und „(x).fx“, in welchen beide Ideen beschlossen liegen, zu verstehen.
Wenn die Gegenstände gegeben sind, so sind uns damit auch schon alle Gegenstände gegeben. Wenn die Elementarsätze gegeben sind, so sind damit auch alle Elementarsätze gegeben.
Es ist unrichtig, den Satz „(∃x).fx“ – wie Russell dies tut – in Worten durch „fx ist möglich“ wiederzugeben. Gewissheit, Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Sachlage wird nicht durch einen Satz ausgedrückt, sondern dadurch, dass ein Ausdruck eine Tautologie, ein sinnvoller Satz oder eine Kontradiktion ist. Jener Präzedenzfall, auf den man sich immer berufen möchte, muss schon im Symbol selber liegen.
Man kann die Welt vollständig durch vollkommen verallgemeinerte Sätze beschreiben, das heißt also, ohne irgendeinen Namen von vornherein einem bestimmten Gegenstand zuzuordnen. Um dann auf die gewöhnliche Ausdrucksweise zu kommen, muss man einfach nach einem Ausdruck: „Es gibt ein und nur ein x, welches …“ sagen: Und dies x ist a.
Ein vollkommen verallgemeinerter Satz ist, wie jeder andere Satz, zusammengesetzt. (Dies zeigt sich daran, dass wir in „(∃x, φ).φx“ „φ“ und „x“ getrennt erwähnen müssen. Beide stehen unabhängig in bezeichnenden Beziehungen zur Welt, wie im unverallgemeinerten Satz.) Kennzeichen des zusammengesetzten Symbols: Es hat etwas mit anderen Symbolen gemeinsam.
Es verändert ja die Wahr- oder Falschheit jedes Satzes etwas am allgemeinen Bau der Welt. Und der Spielraum, welcher ihrem Bau durch die Gesamtheit der Elementarsätze gelassen wird, ist eben derjenige, welchen die ganz allgemeinen Sätze begrenzen. (Wenn ein Elementarsatz wahr ist, so ist damit doch jedenfalls Ein Elementarsatz mehr wahr.)
Gleichheit des Gegenstandes drücke ich durch Gleichheit des Zeichens aus, und nicht mit Hilfe eines Gleichheitszeichens. Verschiedenheit der Gegenstände durch Verschiedenheit der Zeichen.
Dass die Identität keine Relation zwischen Gegenständen ist, leuchtet ein. Dies wird sehr klar, wenn man z. B. den Satz „(x):fx.⊃.x=a“ betrachtet. Was dieser Satz sagt, ist einfach, dass nur a der Funktion f genügt, und nicht, dass nur solche Dinge der Funktion f genügen, welche eine gewisse Beziehung zu a haben. Man könnte nun freilich sagen, dass eben nur a diese Beziehung zu a habe, aber, um dies auszudrücken, brauchten wir das Gleichheitszeichen selber.
Russells Definition von „=“ genügt nicht; weil man nach ihr nicht sagen kann, dass zwei Gegenstände alle Eigenschaften gemeinsam haben. (Selbst wenn dieser Satz nie richtig ist, hat er doch Sinn.)
Beiläufig gesprochen: Von zwei Dingen zu sagen, sie seien identisch, ist ein Unsinn, und von Einem zu sagen, es sei identisch mit sich selbst, sagt gar nichts.
Und analog: Nicht „(∃x,y).f(x,y).x=y“, sondern „(∃x).f(x,x)“; und nicht „(∃x,y).f(x,y).~x=y“, sondern „(∃x,y).f(x,y)“. (Also statt des Russellschen „(∃x,y). f(x,y)“: „(∃x,y).f(x,y).∨.(∃x).f(x,x)“.)
Und nun sehen wir, dass Scheinsätze wie: „a=a“, „a=b.b=c.⊃a=c“, „(x).x=x“, „(∃x).x=a“, etc. sich in einer richtigen Begriffsschrift gar nicht hinschreiben lassen.
Damit erledigen sich auch alle Probleme, die an solche Scheinsätze geknüpft waren. Alle Probleme, die Russells „Axiom of Infinity“ mit sich bringt, sind schon hier zu lösen. Das, was das Axiom of Infinity sagen soll, würde sich in der Sprache dadurch ausdrücken, dass es unendlich viele Namen mit verschiedener Bedeutung gäbe.
Es gibt gewisse Fälle, wo man in Versuchung gerät, Ausdrücke von der Form „a=a“ oder „p⊃p“ u. dgl. zu benützen. Und zwar geschieht dies, wenn man von dem Urbild: Satz, Ding, etc. reden möchte. So hat Russell in den „Principles of Mathematics“ den Unsinn „p ist ein Satz“ in Symbolen durch „p⊃p“ wiedergegeben und als Hypothese vor gewisse Sätze gestellt, damit deren Argumentstellen nur von Sätzen besetzt werden könnten. (Es ist schon darum Unsinn, die Hypothese p⊃p vor einen Satz zu stellen, um ihm Argumente der richtigen Form zu sichern, weil die Hypothese für einen Nicht-Satz als Argument nicht falsch, sondern unsinnig wird, und weil der Satz selbst durch die unrichtige Gattung von Argumenten unsinnig wird, also sich selbst ebenso gut, oder so schlecht, vor den unrechten Argumenten bewahrt wie die zu diesem Zweck angehängte sinnlose Hypothese.
Ebenso wollte man „Es gibt keine Dinge“ ausdrücken durch „~(∃x).x=x“. Aber selbst wenn dies ein Satz wäre – wäre er nicht auch wahr, wenn es zwar „Dinge gäbe“, aber diese nicht mit sich selbst identisch wären?
Auf den ersten Blick scheint es, als könne ein Satz in einem anderen auch auf andere Weise vorkommen. Besonders in gewissen Satzformen der Psychologie, wie „A glaubt, dass p der Fall ist“, oder „A denkt p“, etc. Hier scheint es nämlich oberflächlich, als stünde der Satz p zu einem Gegenstand A in einer Art von Relation. (Und in der modernen Erkenntnistheorie (Russell, Moore, etc.) sind jene Sätze auch so aufgefasst worden.
Es ist aber klar, dass „A glaubt, dass p“, „A denkt p“, „A sagt p“ von der Form „‚p‘ sagt p“ sind: Und hier handelt es sich nicht um eine Zuordnung von einer Tatsache und einem Gegenstand, sondern um die Zuordnung von Tatsachen durch Zuordnung ihrer Gegenstände.
Dies zeigt auch, dass die Seele – das Subjekt etc. – wie sie in der heutigen oberflächlichen Psychologie aufgefasst wird, ein Unding ist. Eine zusammengesetzte Seele wäre nämlich keine Seele mehr.
Die richtige Erklärung der Form des Satzes „A urteilt p“ muss zeigen, dass es unmöglich ist, einen Unsinn zu urteilen. (Russells Theorie genügt dieser Bedingung nicht.)
Einen Komplex wahrnehmen heißt wahrnehmen, dass sich seine Bestandteile so und so zu einander verhalten. Dies erklärt wohl auch, dass man die Figur
(Sehe ich erst auf die Ecken a und nur flüchtig auf b, so erscheint a vorne; und umgekehrt.)
Wir müssen nun die Frage nach allen möglichen Formen der Elementarsätze a priori beantworten. Der Elementarsatz besteht aus Namen. Da wir aber die Anzahl der Namen von verschiedener Bedeutung nicht angeben können, so können wir auch nicht die Zusammensetzung des Elementarsatzes angeben.
Unser Grundsatz ist, dass jede Frage, die sich überhaupt durch die Logik entscheiden lässt, sich ohne weiteres entscheiden lassen muss. (Und wenn wir in die Lage kommen, ein solches Problem durch Ansehen der Welt beantworten zu müssen, so zeigt dies, dass wir auf grundfalscher Fährte sind.)
Die „Erfahrung“, die wir zum Verstehen der Logik brauchen, ist nicht die, dass sich etwas so und so verhält, sondern, dass etwas ist: aber das ist eben keine Erfahrung. Die Logik ist vor jeder Erfahrung – dass etwas so ist. Sie ist vor dem Wie, nicht vor dem Was.
Und wenn dies nicht so wäre, wie könnten wir die Logik anwenden? Man könnte sagen: Wenn es eine Logik gäbe, auch wenn es keine Welt gäbe, wie könnte es dann eine Logik geben, da es eine Welt gibt?
Russell sagte, es gäbe einfache Relationen zwischen verschiedenen Anzahlen von Dingen (Individuals). Aber zwischen welchen Anzahlen? Und wie soll sich das entscheiden? – Durch die Erfahrung? (Eine ausgezeichnete Zahl gibt es nicht.)
Dürfen wir denn aber überhaupt so fragen? Können wir eine Zeichenform aufstellen und nicht wissen, ob ihr etwas entsprechen könne? Hat die Frage einen Sinn: Was muss sein, damit etwas der-Fall-sein kann?
Es ist klar, wir haben vom Elementarsatz einen Begriff, abgesehen von seiner besonderen logischen Form. Wo man aber Symbole nach einem System bilden kann, dort ist dieses System das logisch wichtige und nicht die einzelnen Symbole. Und wie wäre es auch möglich, dass ich es in der Logik mit Formen zu tun hätte, die ich erfinden kann; sondern mit dem muss ich es zu tun haben, was es mir möglich macht, sie zu erfinden.
Die empirische Realität ist begrenzt durch die Gesamtheit der Gegenstände. Die Grenze zeigt sich wieder in der Gesamtheit der Elementarsätze. Die Hierarchien sind, und müssen unabhängig von der Realität sein.
Wissen wir aus rein logischen Gründen, dass es Elementarsätze geben muss, dann muss es jeder wissen, der die Sätze in ihrer unanalysierten Form versteht.
Alle Sätze unserer Umgangssprache sind tatsächlich, so wie sie sind, logisch vollkommen geordnet. – Jenes Einfachste, was wir hier angeben sollen, ist nicht ein Gleichnis der Wahrheit, sondern die volle Wahrheit selbst. (Unsere Probleme sind nicht abstrakt, sondern vielleicht die konkretesten, die es gibt.)
Die Anwendung der Logik entscheidet darüber, welche Elementarsätze es gibt. Was in der Anwendung liegt, kann die Logik nicht vorausnehmen. Das ist klar: Die Logik darf mit ihrer Anwendung nicht kollidieren. Aber die Logik muss sich mit ihrer Anwendung berühren. Also dürfen die Logik und ihre Anwendung einander nicht übergreifen.
Die Logik erfüllt die Welt; die Grenzen der Welt sind auch ihre Grenzen. Wir können also in der Logik nicht sagen: Das und das gibt es in der Welt, jenes nicht. Das würde nämlich scheinbar voraussetzen, dass wir gewisse Möglichkeiten ausschließen, und dies kann nicht der Fall sein, da sonst die Logik über die Grenzen der Welt hinaus müsste; wenn sie nämlich diese Grenzen auch von der anderen Seite betrachten könnte.
Diese Bemerkung gibt den Schlüssel zur Entscheidung der Frage, inwieweit der Solipsismus eine Wahrheit ist. Was der Solipsismus nämlich meint, ist ganz richtig, nur lässt es sich nicht sagen, sondern es zeigt sich. Dass die Welt meine Welt ist, das zeigt sich darin, dass die Grenzen der Sprache (der Sprache, die allein ich verstehe) die Grenzen meiner Welt bedeuten.
Das denkende, vorstellende, Subjekt gibt es nicht. Wenn ich ein Buch schriebe „Die Welt, wie ich sie vorfand“, so wäre darin auch über meinen Leib zu berichten und zu sagen, welche Glieder meinem Willen unterstehen und welche nicht, etc., dies ist nämlich eine Methode, das Subjekt zu isolieren, oder vielmehr zu zeigen, dass es in einem wichtigen Sinne kein Subjekt gibt: Von ihm allein nämlich könnte in diesem Buche nicht die Rede sein.
Wo in der Welt ist ein metaphysisches Subjekt zu merken? Du sagst, es verhält sich hier ganz wie mit Auge und Gesichtsfeld. Aber das Auge siehst du wirklich nicht. Und nichts am Gesichtsfeld lässt darauf schließen, dass es von einem Auge gesehen wird.
Das hängt damit zusammen, dass kein Teil unserer Erfahrung auch a priori ist. Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein. Alles, was wir überhaupt beschreiben können, könnte auch anders sein. Es gibt keine Ordnung der Dinge a priori.
Hier sieht man, dass der Solipsismus, streng durchgeführt, mit dem reinen Realismus zusammenfällt. Das Ich des Solipsismus schrumpft zum ausdehnungslosen Punkt zusammen, und es bleibt die ihm koordinierte Realität.
Es gibt also wirklich einen Sinn, in welchem in der Philosophie nichtpsychologisch vom Ich die Rede sein kann. Das Ich tritt in die Philosophie dadurch ein, dass „die Welt meine Welt ist“. Das philosophische Ich ist nicht der Mensch, nicht der menschliche Körper, oder die menschliche Seele, von der die Psychologie handelt, sondern das metaphysische Subjekt, die Grenze –nicht ein Teil – der Welt.
Ist die allgemeine Form gegeben, wie ein Satz gebaut ist, so ist damit auch schon die allgemeine Form davon gegeben, wie aus einem Satz durch eine Operation ein anderer erzeugt werden kann.
Die allgemeine Form der Operation Ω’(η) ist also: [ξ, N(ξ)]’ (η) (=[η, ξ, N(ξ)]). Das ist die allgemeinste Form des Überganges von einem Satz zum anderen.
Der Zahlbegriff ist nichts anderes als das Gemeinsame aller Zahlen, die allgemeine Form der Zahl. Der Zahlbegriff ist die variable Zahl. Und der Begriff der Zahlengleichheit ist die allgemeine Form aller speziellen Zahlengleichheiten.
Die Theorie der Klassen ist in der Mathematik ganz überflüssig. Dies hängt damit zusammen, dass die Allgemeinheit, welche wir in der Mathematik brauchen, nicht die zufällige ist.
Theorien, die einen Satz der Logik gehaltvoll erscheinen lassen, sind immer falsch. Man könnte z. B. glauben, dass die Worte „wahr“ und „falsch“ zwei Eigenschaften unter anderen Eigenschaften bezeichnen, und da erschiene es als eine merkwürdige Tatsache, dass jeder Satz eine dieser Eigenschaften besitzt. Das scheint nun nichts weniger als selbstverständlich zu sein, ebensowenig selbstverständlich, wie etwa der Satz: „Alle Rosen sind entweder gelb oder rot“ klänge, auch wenn er wahr wäre.
Es ist das besondere Merkmal der logischen Sätze, dass man am Symbol allein erkennen kann, dass sie wahr sind, und diese Tatsache schließt die ganze Philosophie der Logik in sich. Und so ist es auch eine derwichtigsten Tatsachen, dass sich die Wahrheit oder Falschheit der nichtlogischen Sätze nicht am Satz allein erkennen lässt.
Dass die Sätze der Logik Tautologien sind, das zeigt die formalen – logischen – Eigenschaften der Sprache, der Welt. Dass ihre Bestandteile so verknüpft eine Tautologie ergeben, das charakterisiert die Logik ihrer Bestandteile. Damit Sätze, auf bestimmte Art und Weise verknüpft, eine Tautologie ergeben, dazu müssen sie bestimmte Eigenschaften der Struktur haben. Dass sie so verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt also, dass sie diese Eigenschaften der Struktur besitzen.
Dass z. B. die Sätze „p“ und „~p“ in der Verbindung „~(p.~p)“ eine Tautologie ergeben, zeigt, dass sie einander widersprechen. Dass die Sätze „p⊃q“, „p“ und „q“ in der Form „(p⊃q).(p):⊃:(q)“ miteinander verbunden eine Tautologie ergeben, zeigt, dass q aus p und p⊃q folgt. Dass „(x).fx:⊃:fa“ eine Tautologie ist, dass fa aus (x).fx folgt. etc. etc.
Um eine Tautologie als solche zu erkennen, kann man sich, in den Fällen, in welchen in der Tautologie keine Allgemeinheitsbezeichnung vorkommt, folgender anschaulichen Methode bedienen: Ich schreibe statt „p“, „q“, „r“ etc. „W p F“, „W q F“, „W r F“ etc. Die Wahrheitskombinationen drücke ich durch Klammern aus, z. B.:
Die Sätze der Logik demonstrieren die logischen Eigenschaften der Sätze, indem sie sie zu nichtssagenden Sätzen verbinden. Diese Methode könnte man auch eine Nullmethode nennen. Im logischen Satz werden Sätze miteinander ins Gleichgewicht gebracht und der Zustand des Gleichgewichts zeigt dann an, wie diese Sätze logisch beschaffen sein müssen.
Daraus ergibt sich, dass wir auch ohne die logischen Sätze auskommen können, da wir ja in einer entsprechenden Notation die formalen Eigenschaften der Sätze durch das bloße Ansehen dieser Sätze erkennen können.
Ergeben z. B. zwei Sätze „p“ und „q“ in der Verbindung „p⊃q“ eine Tautologie, so ist klar, dass q aus p folgt. Dass z. B. „q“ aus „p⊃q.p“ folgt, ersehen wir aus diesen beiden Sätzen selbst, aber wir können es auch so zeigen, indem wir sie zu „p⊃q.p:⊃:q“ verbinden und nun zeigen, dass dies eine Tautologie ist.
Dies wirft ein Licht auf die Frage, warum die logischen Sätze nicht durch die Erfahrung bestätigt werden können, ebensowenig wie sie durch die Erfahrung widerlegt werden können. Nicht nur muss ein Satz der Logik durch keine mögliche Erfahrung widerlegt werden können, sondern er darf auch nicht durch eine solche bestätigt werden können.
Nun wird klar, warum man oft fühlte, als wären die „logischen Wahrheiten“ von uns zu „fordern“: Wir können sie nämlich insofern fordern, als wir eine genügende Notation fordern können.
Es ist klar: Die logischen Gesetze dürfen nicht selbst wieder logischen Gesetzen unterstehen. (Es gibt nicht, wie Russell meinte, für jede „Type“ ein eigenes Gesetz des Widerspruches, sondern Eines genügt, da es auf sich selbst nicht angewendet wird.)
Das Anzeichen des logischen Satzes ist nicht die Allgemeingültigkeit. Allgemein sein heißt ja nur: zufälligerweise für alle Dinge gelten. Ein unverallgemeinerter Satz kann ja ebensowohl tautologisch sein als ein verallgemeinerter.
Die logische Allgemeingültigkeit könnte man wesentlich nennen, im Gegensatz zu jener zufälligen, etwa des Satzes: „Alle Menschen sind sterblich“. Sätze wie Russells „Axiom of Reducibility“ sind nicht logische Sätze, und dies erklärt unser Gefühl: Dass sie, wenn wahr, so doch nur durch einen günstigen Zufall wahr sein könnten.
Es lässt sich eine Welt denken, in der das Axiom of Reducibility nicht gilt. Es ist aber klar, dass die Logik nichts mit der Frage zu schaffen hat, ob unsere Welt wirklich so ist oder nicht.
Die logischen Sätze beschreiben das Gerüst der Welt, oder vielmehr, sie stellen es dar. Sie „handeln“ von nichts. Sie setzen voraus, dass Namen Bedeutung, und Elementarsätze Sinn haben: Und dies ist ihre Verbindung mit der Welt. Es ist klar, dass es etwas über die Welt anzeigen muss, dass gewisse Verbindungen von Symbolen – welche wesentlich einen bestimmten Charakter haben – Tautologien sind. Hierin liegt das Entscheidende. Wir sagten, manches an den Symbolen, die wir gebrauchen, wäre willkürlich, manches nicht.
Ob ein Satz der Logik angehört, kann man berechnen, indem man die logischen Eigenschaften des Symbols berechnet. Und dies tun wir, wenn wir einen logischen Satz „beweisen“. Denn, ohne uns um einen Sinn und eine Bedeutung zu kümmern, bilden wir den logischen Satz aus anderen nach bloßen Zeichenregeln. Der Beweis der logischen Sätze besteht darin, dass wir sie aus anderen logischen Sätzen durch successive Anwendung gewisser Operationen entstehen lassen, die aus den ersten immer wieder Tautologien erzeugen.
Es wäre ja auch zu merkwürdig, wenn man einen sinnvollen Satz logisch aus anderen beweisen könnte, und einen logischen Satz auch. Es ist von vornherein klar, dass der logische Beweis eines sinnvollen Satzes und der Beweis in der Logik zwei ganz verschiedene Dinge sein müssen.
Der sinnvolle Satz sagt etwas aus, und sein Beweis zeigt, dass es so ist; in der Logik ist jeder Satz die Form eines Beweises. Jeder Satz der Logik ist ein in Zeichen dargestellter modus ponens. (Und den modus ponens kann man nicht durch einen Satz ausdrücken.)
Alle Sätze der Logik sind gleichberechtigt, es gibt unter ihnen nicht wesentlich Grundgesetze und abgeleitete Sätze. Jede Tautologie zeigt selbst, dass sie eine Tautologie ist.
Es ist klar, dass die Anzahl der „logischen Grundgesetze“ willkürlich ist, denn man könnte die Logik ja aus Einem Grundgesetz ableiten, indem man einfach z. B. aus Freges Grundgesetzen das logische Produkt bildet. (Frege würde vielleicht sagen, dass dieses Grundgesetz nun nicht mehr unmittelbar einleuchte. Aber es ist merkwürdig, dass ein so exakter Denker wie Frege sich auf den Grad des Einleuchtens als Kriterium des logischen Satzes berufen hat.)
Im Leben ist es ja nie der mathematische Satz, den wir brauchen, sondern wir benützen den mathematischen Satz nur, um aus Sätzen, welche nicht der Mathematik angehören, auf andere zu schließen, welche gleichfalls nicht der Mathematik angehören. (In der Philosophie führt die Frage: „Wozu gebrauchen wir eigentlich jenes Wort, jenen Satz“ immer wieder zu wertvollen Einsichten.)
Wenn zwei Ausdrücke durch das Gleichheitszeichen verbunden werden, so heißt das, sie sind durch einander ersetzbar. Ob dies aber der Fall ist, muss sich an den beiden Ausdrücken selbst zeigen. Es charakterisiert die logische Form zweier Ausdrücke, dass sie durch einander ersetzbar sind.
Es ist eine Eigenschaft der Bejahung, dass man sie als doppelte Verneinung auffassen kann. Es ist eine Eigenschaft von „1+1+1+1“, dass man es als „(1+1)+(1+1)“ auffassen kann.
Frege sagt, die beiden Ausdrücke haben dieselbe Bedeutung, aber verschiedenen Sinn. Das Wesentliche an der Gleichung ist aber, dass sie nicht notwendig ist, um zu zeigen, dass die beiden Ausdrücke, die das Gleichheitszeichen verbindet, dieselbe Bedeutung haben, da sich dies aus den beiden Ausdrücken selbst ersehen lässt.
Und, dass die Sätze der Mathematik bewiesen werden können, heißt ja nichts anderes, als dass ihre Richtigkeit einzusehen ist, ohne dass das, was sie ausdrücken, selbst mit den Tatsachen auf seine Richtigkeit hin verglichen werden muss.
Die Identität der Bedeutung zweier Ausdrücke lässt sich nicht behaupten. Denn, um etwas von ihrer Bedeutung behaupten zu können, muss ich ihre Bedeutung kennen: und indem ich ihre Bedeutung kenne, weiß ich, ob sie dasselbe oder verschiedenes bedeuten.
Die Frage, ob man zur Lösung der mathematischen Probleme die Anschauung brauche, muss dahin beantwortet werden, dass eben die Sprache hier die nötige Anschauung liefert.
Das Wesentliche der mathematischen Methode ist es, mit Gleichungen zu arbeiten. Auf dieser Methode beruht es nämlich, dass jeder Satz der Mathematik sich von selbst verstehen muss.
Die Methode der Mathematik, zu ihren Gleichungen zu kommen, ist die Substitutionsmethode. Denn die Gleichungen drücken die Ersetzbarkeit zweier Ausdrücke aus und wir schreiten von einer Anzahl von Gleichungen zu neuen Gleichungen vor, indem wir, den Gleichungen entsprechend, Ausdrücke durch andere ersetzen.
Das sogenannte Gesetz der Induktion kann jedenfalls kein logisches Gesetz sein, denn es ist offenbar ein sinnvoller Satz. – Und darum kann es auch kein Gesetz a priori sein.
„Kausalitätsgesetz“, das ist ein Gattungsname. Und wie es in der Mechanik, sagen wir, Minimum-Gesetze gibt – etwa der kleinsten Wirkung – so gibt es in der Physik Kausalitätsgesetze, Gesetze von der Kausalitätsform.
Man hat ja auch davon eine Ahnung gehabt, dass es ein „Gesetz der kleinsten Wirkung“ geben müsse, ehe man genau wusste, wie es lautete. (Hier, wie immer, stellt sich das a priori Gewisse als etwas rein Logisches heraus.)
Alle jene Sätze, wie der Satz vom Grunde, von der Kontinuität in der Natur, vom kleinsten Aufwande in der Natur etc. etc., alle diese sind Einsichten a priori über die mögliche Formgebung der Sätze der Wissenschaft.
Die Newtonsche Mechanik z. B. bringt die Weltbeschreibung auf eine einheitliche Form. Denken wir uns eine weiße Fläche, auf der unregelmäßige schwarze Flecken wären. Wir sagen nun: Was für ein Bild immer hierdurch entsteht, immer kann ich seiner Beschreibung beliebig nahe kommen, indem ich die Fläche mit einem entsprechend feinen quadratischen Netzwerk bedecke und nun von jedem Quadrat sage, dass es weiß oder schwarz ist. Ich werde auf diese Weise die Beschreibung der Fläche auf eine einheitliche Form gebracht haben.
Und nun sehen wir die gegenseitige Stellung von Logik und Mechanik. (Man könnte das Netz auch aus verschiedenartigen Figuren etwa aus Dreiecken und Sechsecken bestehen lassen.) Dass sich ein Bild, wie das vorhin erwähnte, durch ein Netz von gegebener Form beschreiben lässt, sagt über das Bild nichts aus. (Denn dies gilt für jedes Bild dieser Art.) Das aber charakterisiert das Bild, dass es sich durch ein bestimmtes Netz von bestimmter Feinheit vollständig beschreiben lässt.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Weltbeschreibung durch die Mechanik immer die ganz allgemeine ist. Es ist in ihr z. B. nie von bestimmten materiellen Punkten die Rede, sondern immer nur von irgend welchen.
Obwohl die Flecke in unserem Bild geometrische Figuren sind, so kann doch selbstverständlich die Geometrie gar nichts über ihre tatsächliche Form und Lage sagen. Das Netz aber ist rein geometrisch, alle seine Eigenschaften können a priori angegeben werden. Gesetze wie der Satz vom Grunde, etc. handeln vom Netz, nicht von dem, was das Netz beschreibt.
Wir können keinen Vorgang mit dem „Ablauf der Zeit“ vergleichen – diesen gibt es nicht –, sondern nur mit einem anderen Vorgang (etwa mit dem Gang des Chronometers). Daher ist die Beschreibung des zeitlichen Verlaufs nur so möglich, dass wir uns auf einen anderen Vorgang stützen. Ganz Analoges gilt für den Raum. Wo man z. B. sagt, es könne keines von zwei Ereignissen (die sich gegenseitig ausschließen) eintreten, weil keine Ursache vorhanden sei, warum das eine eher als das andere eintreten solle, da handelt es sich in Wirklichkeit darum, dass man gar nicht eines der beiden Ereignisse beschreiben kann, wenn nicht irgend eine Asymmetrie vorhanden ist.
Das Kant’sche Problem von der rechten und linken Hand, die man nicht zur Deckung bringen kann, besteht schon in der Ebene, ja im eindimensionalen Raum, wo die beiden kongruenten Figuren a und b auch nicht zur Deckung gebracht werden können, ohne aus diesem Raum
Den rechten Handschuh könnte man an die linke Hand ziehen, wenn man ihn im vierdimensionalen Raum umdrehen könnte.
Dieser Vorgang hat aber keine logische, sondern nur eine psychologische Begründung. Es ist klar, dass kein Grund vorhanden ist, zu glauben, es werde nun auch wirklich der einfachste Fall eintreten.
So bleiben sie bei den Naturgesetzen als bei etwas Unantastbarem stehen, wie die Älteren bei Gott und dem Schicksal. Und sie haben ja beide Recht, und Unrecht. Die Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluss anerkennen, während es bei dem neuen System scheinen soll, als sei alles erklärt.
Auch wenn alles, was wir wünschen, geschähe, so wäre dies doch nur, sozusagen, eine Gnade des Schicksals, denn es ist kein logischer Zusammenhang zwischen Willen und Welt, der dies verbürgte, und den angenommenen physikalischen Zusammenhang könnten wir doch nicht selbst wieder wollen.
Dass z. B. zwei Farben zugleich an einem Ort des Gesichtsfeldes sind, ist unmöglich, und zwar logisch unmöglich, denn es ist durch die logische Struktur der Farbe ausgeschlossen. Denken wir daran, wie sich dieser Widerspruch in der Physik darstellt: Ungefähr so, dass ein Teilchen nicht zu gleicher Zeit zwei Geschwindigkeiten haben kann; das heißt, dass es nicht zu gleicher Zeit an zwei Orten sein kann; das heißt, dass Teilchen an verschiedenen Orten zu Einer Zeit nicht identisch sein können.
Der Sinn der Welt muss außerhalb ihrer liegen. In der Welt ist alles, wie es ist, und geschieht alles, wie es geschieht; es gibt in ihr keinen Wert – und wenn es ihn gäbe, so hätte er keinen Wert. Wenn es einen Wert gibt, der Wert hat, so muss er außerhalb alles Geschehens und So-Seins liegen. Denn alles Geschehen und So-Sein ist zufällig. Was es nichtzufällig macht, kann nicht in der Welt liegen, denn sonst wäre dies wieder zufällig.
Der erste Gedanke bei der Aufstellung eines ethischen Gesetzes von der Form „Du sollst …“ ist: Und was dann, wenn ich es nicht tue? Es ist aber klar, dass die Ethik nichts mit Strafe und Lohn im gewöhnlichen Sinne zu tun hat. Also muss diese Frage nach den Folgen einer Handlung belanglos sein. – Zum Mindesten dürfen diese Folgen nicht Ereignisse sein. Denn etwas muss doch an jener Fragestellung richtig sein.
Wenn das gute oder böse Wollen die Welt ändert, so kann es nur die Grenzen der Welt ändern, nicht die Tatsachen; nicht das, was durch die Sprache ausgedrückt werden kann. Kurz, die Welt muss dann dadurch überhaupt eine andere werden. Sie muss sozusagen als Ganzes abnehmen oder zunehmen. Die Welt des Glücklichen ist eine andere als die des Unglücklichen.
Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht. Wenn man unter Ewigkeit nicht unendliche Zeitdauer, sondern Unzeitlichkeit versteht, dann lebt der ewig, der in der Gegenwart lebt. Unser Leben ist ebenso endlos, wie unser Gesichtsfeld grenzenlos ist.
Die zeitliche Unsterblichkeit der Seele des Menschen, das heißt also ihr ewiges Fortleben auch nach dem Tode, ist nicht nur auf keine Weise verbürgt, sondern vor allem leistet diese Annahme gar nicht das, was man immer mit ihr erreichen wollte. Wird denn dadurch ein Rätsel gelöst, dass ich ewig fortlebe? Ist denn dieses ewige Leben dann nicht ebenso rätselhaft wie das gegenwärtige? Die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt außerhalb von Raum und Zeit.
Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen. Das Rätsel gibt es nicht. Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so kann sie auch beantwortet werden.
Skeptizismus ist nicht unwiderleglich, sondern offenbar unsinnig, wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann. Denn Zweifel kann nur bestehen, wo eine Frage besteht; eine Frage nur, wo eine Antwort besteht, und diese nur, wo etwas gesagt werden kann.
Wir fühlen, dass, selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.
Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems. (Ist nicht dies der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand?)
Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft – also etwas, was mit Philosophie nichts zu tun hat – , und dann immer, wenn ein anderer etwas Metaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewissen Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend – er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten – aber sie wäre die einzig streng richtige.
Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie – auf ihnen – über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.) Er muss diese Sätze überwinden, dann sieht er die Welt richtig.